Lasst uns (anders)

über Arbeit denken!

Lasst uns (anders) über Arbeit denken!

Die traditionellen Produktionsfaktoren Arbeit, Boden, Wissen und Kapital sind neu zu interpretieren und durch andere zu ergänzen. Wie uns Energie als Faktor „aufgedrängt“ wurde, werden weitere – wie Wasser – bald hinzukommen. Ergänzen und proaktives Neugestalten der Faktoren ist Pflicht und Chance. Beginnen wir mit der Arbeit!
Von Franz Staberhofer, Obmann VNL

Noch wird der Produktionsfaktor Arbeit oft nach der Formel Arbeit = Arbeitskraft x Arbeitszeit historisch behandelt. Das beinhaltet originäre körperliche Tätigkeiten sowie Wissen, Leitung, Kontrolle, Planung und Organisation im Unternehmen. Und für alle fehlen Arbeitskraft oder ein Teil deren Arbeitszeit. Die Antworten auf den Mangel sind meist reaktiv: Arbeitszeitmodelle, Weiterbildungsangebote und Inserate mit Botschaften bis hin zur Aufgabe der eigenen Identität. Doch es braucht Vision und strategische Ziele zum Erspüren des Mitarbeitenden Marktes.

Blindleistungen in Operation und Lieferkette eliminieren

Eine Grundaufgabe ist, unnötige Arbeit als Blindleistung zu vermeiden. Das kann zum einen durch Automatisierung und sinnvolle Digitalisierung erreicht werden. In den letzten Jahren wurde der Fokus auf Themen wie „Roboter und Mensch auf Augenhöhe“ gelegt. Jetzt wird transparent, dass sich die Menschen nicht nach einer Beziehung zu Robotern sehnen, sondern die Befreiung von sinnbefreiter Arbeit wünschen. Und das müssen wir rasch nachholen.
Zum anderen muss Blindleistung in der Lieferkette gemeinsam erkannt und vermieden werden. Dann wird Outsourcing nicht mehr durch das Nutzen kollektivvertraglicher Unterschiede getrieben, sondern durch das Schaffen neuer Lösungsräume. Wer, wie die OEM, seinen Lieferanten mit maximalem Druck und fehlender Achtsamkeit begegnet, wirkt gegen diese Notwendigkeiten – und damit gegen die Werteerwartungen der Menschen.
Als nächstes geht es um die Menge an Menschen für die Arbeit. Und auch das verdient eine ganzheitliche Betrachtung. Die Jugendarbeitslosenquote der Länder anzusehen, erhellt mehr als der unreflektierte Glaube, dass Asien auf uns wartet. Die Quote der Philippinen ist 7,5%, jene Spaniens 37%. Ein ganzheitlicher Blick fördert echte Diversität.

Ausgewählte Anregungen dazu:

  • Geschlecht: Voraussetzungen schaffen für echte Gleichwirkung statt Gleichmachung.
  • Alter: Verzicht auf Altersgrenzen, stattdessen Schätzen des Leistungsbeitrages zum Bespiel nach 45 Jahren Arbeitsbeitrag. Danach können freie Vereinbarungen mit einer Flat-Tax den Arbeitsmarkt positiv dynamisieren.
  • Know-how: Bessere Ergebnisse durch Vielfalt des Wissens aus verschiedenen Bereichen erkennen, strukturiert erhalten und fördern.
  • Internationalität: Zuwanderung nicht ideologisch, sondern positiv realistisch und faktenbasiert sehen und damit den Arbeitsmarkt (wirklich) dynamisieren.

Das Ende der Gauß-Kurve

Hintergrund ist die Tatsache, dass die Gesellschaft hochfragmentiert ist. So hat die jüngste Sinus-Studie zehn Gruppen ausgewiesen. Die kleinste umfasst 6% und die größte, die adaptiv-pragmatische Gruppe, nur 14%. Wir müssen also mit der Tatsache umgehen, dass die fehlende Gauß-Kurve mit ihrer berechenbaren Mitte durch Heterogenität ersetzt wurde. Das Kennen des Marktes und Individualisierung sind seit vielen Jahren Ziel. Und genau diese Fähigkeit muss genutzt werden für die zielorientierte Ansprache der Menschen – jener, die man gewinnen will, und jener, die bereits im Unternehmen sind. Und je gezielter wir die jeweiligen Gruppen ansprechen können, desto mehr Arbeitszeit erhalten wir.
Wenn wir weniger (unnötige) Arbeit durch (amortisierende) Technologie, mehr Arbeit durch (gelebte) Diversität und (zielorientierte) innovative Marktansprache erarbeiten, machen wir den Produktionsfaktor Arbeit zur Chance.

Digitalisierung stört Bildung

Wie sehr sich das mediale Tun sogar physiologisch niederschlägt, ist nachgewiesen. Vieles, was Narrativ ist und schlau klingt, wird bei Nutzung von Fakten als falsch erkannt. So ist der Satz „Wissen wird ausgelagert“ einfach falsch. Denn Wissen ist nicht auslagerbar, und sogar der sinnvolle Zugriff auf Information ist abhängig vom Aktivierungsgrad des Gehirns.
Mit dieser Erkenntnis ist die Auslieferung von Laptops und Tablets an die Schulen ein breitflächiger Beitrag zur Reduktion von Empathie und Kreativität und gibt dem Jugendwort des Jahres 2015, „Smombie“ (Smartphone + Zombie), erweiterten Raum. Hier wird die physiologische Gefahr für Kreativität verkannt. Es gilt, Bildung zu fördern und die digitalen Möglichkeiten einzubetten – eine essenzielle Gesellschaftsaufgabe. Und das ganz wirklich – nicht reduziert auf fragwürdige punktuelle Impulse, die das Gegenteil des Erwarteten schaffen.
Logistik muss und kann besondere Beiträge zu einer fairen Gesellschaft leisten. Die Heterogenität und die Diversität der Menschen treffen auf eine Disziplin, die genau das selbst bietet und benötigt.
Damit liegt es an uns, für diese Parallelität viele Brücken zu schaffen. Im Sinne von Menschen für und in der Logistik und im Sinne der Gesellschaft.

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