Sie wollen

ja nur spielen!

Sie wollen ja nur spielen!

Logistik ist spröde, kompliziert und langweilig? Kinder und Jugendliche sind dafür nicht zu begeistern? Warum gibt es dann so viele Logistik-Spiele?

Die Zombie-Apokalypse überstehen, die Champions League gewinnen, Tempelritter jagen, Imperien aufbauen oder einfach nur wunderschöne Geschichten erleben: Was vor langer Zeit mit Pong, Tetris oder Pac-Man begann, ist längst zu einer Kunstform geworden, die hinsichtlich Technik, Grafik und Storytellings permanent neue Höhen erreicht.
Gaming, das ungeliebte Schmuddelkind der Kultur, bietet auf den zahlreichen Plattformen eine längst unübersehbare Vielfalt an Themen, an Qualität und an Immersionsgrad. Und eine erstaunliche Palette an Spielen mit Logistik-Bezug. Ein – naturgemäß lückenhafter – Überblick.

Eine Welt für sich: Logistik-Simulatoren

Als Microsoft im Jahr 2020 die bislang jüngste Version seines Flight Simulators auf den Markt brachte, fielen die Kritiken euphorisch aus. Der Flugsimulator bildet de facto die gesamte Erde und sämtliche Flughäfen ab, wobei sogar Echtzeit-Daten über die Wetterlage und die Positionen anderer (realer) Flugzeuge eingespielt werden können. Millionen von Menschen erleben in Modellen von der Cessna bis zum Airbus A320 das Gefühl, ein Flugzeug zu lenken – der aktuelle Rekord liegt bei 61.829 Spielerinnen und Spielern, die weltweit zeitgleich online waren.
Der Flight Simulator tangiert den Bereich der Logistik – doch es geht noch viel spezifischer. Diverse Truck-Simulatoren lassen nicht nur das Lenken von Lkw nachempfinden, sondern darüber hinaus auch die dahinterliegenden Abläufe in einem Transportunternehmen. Der aktuelle Truck & Logistics Simulator verspricht das realistische Nachempfinden einer kompletten Transportlogistik-Kette im Single Player oder im Team.
Simulatoren erschienen für die Planung von Paketzustellung, Reisebus-Touren, Eisenbahnverbindungen, Taxifahrten, sogar für die Straßenmeisterei. Eine qualitative Sonderstellung nimmt das 2020 erschienene SnowRunner ein: Simuliert wird hier in phantastischer Grafik der Transport von Versorgungsgütern und Bauteilen in nach Unwettern zerstörte Gegenden. SnowRunner lebt von der maximalen Entschleunigung – die Spieler:innen müssen häufig im Schritttempo fahren und ihre Strecke exakt planen, um nicht im Schlamm steckenzubleiben.
Logistik-Simulatoren haben sich längst zu einer potenten Marketing-Plattform entwickelt. Ob Trucks, Reisebusse oder Flugzeuge: Die Entwicklerstudios arbeiten intensiv mit den Herstellern zusammen, präsentieren die Fahrzeuge bis ins Detail realistisch. Die bekannteste Kooperation ist wohl jene zwischen Landmaschinen-Hersteller John Deere und dem Studio hinter dem „Farming Simulator“: John Deere nutzt das Spiel seit Jahren, um seine neuen Fahrzeugmodelle zu bewerben, indem sie spielerisch eingesetzt werden können.
Fun fact am Rande: Mehrere Befragungen haben ergeben, dass ein nicht unwesentlicher Anteil der Spielerinnen und Spieler abends genau jenen Job simulieren, den sie tagsüber ausüben. Vor allem für Lkw-Lenker:innen und Pilot:innen ist dies nachgewiesen.
Dass Logistik-Simulatoren nahezu ausschließlich den Bereich der Transportlogistik abdecken, ist offensichtlich der Attraktivität und erlebten Präsenz der Transportmittel geschuldet. Intralogistik wird von einzelnen Herstellern im Sinne der Gamification unters Volk gebracht. So sponsort etwa Jungheinrich den Warehouse and Logistics Simulator, der Spieler:innen Stapler-Modelle einsetzen lässt. Der Blockbuster in diesem Gebiet steht allerdings noch aus.

Das große Bild: Wirtschafts-Simulatoren

Intelligente Logistik als Stütze der gesamten Wirtschaft: Zahlreiche Spiele verfolgen diesen Gedanken, indem sie Logistik als Basis funktionierender Ökonomie inszenieren. Transport Fever 2 etwa verlangt von den Spieler:innen, den Transport auf Schiene, Straße, Luft und Wasser gesamthaft so zu konzipieren, dass gewisse Regionen nachhaltig versorgt werden. So sind die Spieler:innen am Transport von Whiskey in Schottland beteiligt oder auch an Planung und Bau der Transsibirischen Eisenbahn.
Wie weit dieser Ansatz in thematische Nischen führen kann, zeigt exemplarisch RollerCoaster Tycoon. Ausgehend vom Ziel, einen möglichst attraktiven Freizeitpark zu errichten, müssen die Spieler:innen nicht nur die den Erwartungen des Publikums entsprechende Fahrgeschäfte bieten, sondern auch dafür sorgen, dass die Zugangswege zur Verfügung stehen, Verpflegung und Merchandising organisiert sind sowie genügend Personal am Ort ist.
Der Grundgedanke der in unzähligen Variationen auftretenden Wirtschafts-Simulatoren ist immer der gleiche: ein Gesamtsystem durch intelligente Planung und geschicktes Eingreifen im Falle von Systemstörungen zu möglichst hoher Resilienz zu führen. Ein zutiefst „logistischer“ Ansatz also.

Ein Klassiker: Sokoban

1982 erschien in Japan Sokoban – und entwickelte sich bis heute zu einem der am häufigsten variierten, plagiierten und portierten Spiele aller Zeiten. Zentraler Erfolgsfaktor von Sokoban ist wohl – ähnlich wie bei Tetris – die äußerst simple Grundidee, die dank geschickten Level-Designs zu sehr komplizierten Herausforderungen führen kann.
Die Spieler:innen lenken eine Figur durch ein Lager und müssen dabei Kisten auf vorgegebene Zielfelder schieben. Da die Kisten nur geschoben, aber nicht gezogen werden können, führen Fehler schnell zu unlösbaren Situationen.
Sokoban wird vor allem dafür gelobt, dass es den Spieler:innen vorausschauendes Denken und intelligente Planung der nächsten und übernächsten Schritte abverlangt. Nicht intendiert war wohl, dass das Spiel dazu beitrug, die geringe Verbreitung japanischen Wortschatzes außerhalb Japans um einen Begriff zu erweitern: „soko ban“ heißt nichts anderes als Lagerverwalter.

Hochlebendig: Logistik-Brettspiele

Die rasante Entwicklung des Gamings sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass auch die analoge Spielewelt enorme Sprünge gemacht hat. „Brettspiele“ bieten längst mehr, als durch Würfelglück möglichst schnell zum Ziel zu gelangen.
Zu den Urvätern der Logistik-Spiele zählt Auf Achse, das 1987 zum Spiel des Jahres gewählt wurde. Der ursprüngliche Name lautete sogar Das große Logistik-Spiel. Für heutige Ansprüche recht simpel gestaltet, versetzt das Spiel die Teilnehmer in die Rolle von Spediteur:innen, die Lkw-Ladungen möglichst rasch und kostengünstig zum Ziel bringen müssen.
Als Meilenstein des Genres darf Die Siedler von Catan gelten, das Spiel des Jahres 1995. Die intelligente Mischung aus Kooperation und Kompetition macht Catan zu einem modernen Klassiker. Die Spieler:innen versuchen, durch geschicktes Verlegen von Handelsrouten und das Tauschen von Materialien Schritt für Schritt die Herrschaft über die Insel Catan zu erlangen. Eine entscheidende Grundidee dabei: Das Spielbrett ist nicht vorgegeben, sondern wird durch die Spieler:innen selbst permanent erweitert.
Dass auch analoge Spiele eine probate Marketing-Plattform sein können, beweist Märklin. Der Hersteller von Modelleisenbahnen hat bereits mehrere Teile des Spiels Zug um Zug herausgebracht. Ziel des Spiels ist der Aufbau möglichst langer Eisenbahn-Routen, wobei Strategie und Taktik jene der Mitspieler:innen immer im Auge behalten müssen.

In eigener Sache: Logistixx

Was ist eigentlich Logistik? Geht es „nur“ um das Lenken von Lkw, oder steckt möglicherweise viel mehr dahinter? Speziell für Schülerinnen und Schüler hat der VNL mit Logistixx ein Spiel entwickelt, das Jugendlichen via Gamification die unglaubliche Bandbreite der Disziplin Logistik nahebringt.
Das Besondere daran: Gemeinsam mit renommierten Logistik-Unternehmen entstehen spezielle Themenwelten, die jeweils unterschiedliche Aspekte der Logistik behandeln. Die spezifischen Herausforderungen sind so angelegt, dass sie durch Kooperation und Diskussion in der Gruppe am besten lösbar sind. Anhand eines gedruckten Spiel-Buchs werden die Schüler:innen Schritt für Schritt an die Herausforderungen und deren Lösung herangeführt. Die Themenwelten sind dabei so konzipiert, dass sie bei einer Teamstärke ab drei Personen innerhalb einer Unterrichtsstunde lösbar sind.
Über das spielerische Erarbeiten des Themas hinaus öffnet Logistixx die Türe zu Wissen: In Kooperation mit dem Logistikum an der FH OÖ, Campus Steyr bietet das Spiel Zugang sowohl zu Lern- als auch zu Lehrmaterial – etwa zu umweltfreundlichem Transport oder zu den verschiedenen Verkehrsträgern.
Logistixx kann über PC, Notebook, Tablet oder Handy gestartet und gespielt werden. Alle Informationen finden Sie auf logistixx.at.

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